Frau repariert ein KleidungsstückFrau repariert ein Kleidungsstück

Was ist Ultra Fast Fashion? Folgenschwere Konsequenzen für Mensch und Klima
  
Ultra Fast Fashion spiegelt die Erwartungshaltung unserer Gesellschaft an die Modeindustrie wider: Neueste Trends sollen möglichst sofort verfügbar sein, möglichst wenig kosten und möglichst wenig Arbeit machen. Ein Verlustgefühl kommt bei der Entsorgung kaum auf. Doch welche Konsequenzen hat diese Entwicklung auf Mensch und Umwelt? Wer hat die Zügel in der Hand, diesen Trend zu stoppen? Schauen wir zunächst, was Ultra Fast Fashion überhaupt ausmacht, bevor wir uns mit den Konsequenzen befassen.
  
Über die Entwicklung des Modekonsums und die Entstehung von Ultra Fast Fashion
  
Lange vorbei sind die Zeiten, als man für ein neues Kleidungsstück zum Schneider ging, Maß nehmen ließ und Wochen später den Anzug oder das Kleid abholen konnte. Stolz wurde das gute Stück ausgeführt, bestens gepflegt und wertgeschätzt, schließlich war die Kleiderauswahl oft auf eine Handvoll Teile beschränkt und musste über eine lange Zeit halten. Angestoßen durch die Prêt-à-porter Mode von Designern wurde Konfektionsmode nach dem 2. Weltkrieg langsam zum Standard und Kleidungsstücke konnten nun direkt im Modeladen anprobiert und gekauft werden.

Auf die steigende Nachfrage reagierten Modeunternehmen zu einem späteren Zeitpunkt mit zunächst zwei Kollektionen pro Jahr, eine für den Sommer, eine für den Winter. Was vielen finanziell verwehrt war, wollten einige Firmen wiederum Jahre später ändern: Neue Trends sollten für alle Mode-Fans erschwinglich sein. Günstige und dennoch trendige Mode prägte also bald das Straßenbild. Mit dem großen Zuspruch stieg auch die Anzahl an Kollektionen immer weiter an. Fast Fashion Konzerne spezialisierten sich auf die schnelle Produktion großer Mengen meist sehr günstiger Kleidung, die bei den meisten Menschen nach wie vor unglaublich beliebt ist. Mit 12 bis 24 Kollektionen pro Jahr bieten Labels wie H&M, ZARA, C&A und Primark in ihren Filialen (und mittlerweile auch online) ständig neue Designs zum Verkauf an. Der Konsum von Mode hat sich in den letzten beiden Jahrzehnten verdoppelt. Vor allem in Deutschland und Großbritannien ist die Nachfrage enorm gestiegen. Günstige Fashion Labels ermöglichen es Mode-Fans, sich immer in den neuesten Trends zu präsentieren. Für einige ist Mode wie ein Hobby, das durch den ständigen Fashion-Konsum gelebt wird und regelrecht süchtig macht. Denn unser  Belohnungszentrum im Gehirn wird dadurch immer wieder aufs Neue aktiviert.

Das britische Unternehmen Boohoo erkannte bereits 2006 das Potenzial reiner Online-Plattformen für die Modeindustrie. Mit dem technologischen Fortschritt und dem Online Boom während der Corona-Pandemie hat die schnelle Wegwerfmode heute ganz neue Dimensionen angenommen. So beherrschen heute Ultra Fast Fashion Labels wie SHEIN, Asos und Boohoo den Markt und bringen an die 4.500 neue Teile pro Woche auf den Markt, SHEIN sogar bis zu 9.000 neue Artikel pro Tag. Social Media Plattformen verstärken den Wunsch der insbesondere jungen Generation, bei den neuesten Trends dabei zu sein. Ihrem natürlichen Verlangen nach Neuem, wird durch die extrem günstigen Preise selbst die finanzielle Hürde aus dem Weg geräumt.

Abgesehen davon, dass die Jugendlichen sich andauernd in den neuesten Pieces zeigen wollen, werden die Kleidungsstücke je nach social circle schlimmstenfalls nur einmal getragen. So ergab eine Umfrage der britischen Zeitung Metro, dass jeder 6. Jugendliche ein Outfit aussortiert, sobald er es online gepostet hat. Hinzu kommt, dass der extreme Konsum sogar normalisiert wird, indem Kunden und Kundinnen ihre Ausbeute mit teils 60 bis 80 neuen Teilen bei SHEIN via #sheinhaul auf TikTok und Co präsentieren.

Wieso ist Ultra Fast Fashion so erfolgreich?

Das Geschäftsmodell von Ultra Fast Fashion Unternehmen 


Während Fast Fashion Unternehmen ihre Ware in zahlreichen Filialen sowie online anbieten, fokussieren sich Ultra Fast Fashion Unternehmen auf das reine Onlinegeschäft und den Verkauf via App. Das spart enorme Kosten ein, die stattdessen in neueste Technologien und Marketing investiert werden können. Die Produktentwicklungszyklen dieser jungen Unternehmen sind zudem extrem schnell, da alles von Design über Produktion, Lager, Vertrieb und Logistik aus einer Hand kommt, wohingegen in anderen Unternehmen einzelne Schritte ausgelagert werden. Benötigen Fast Fashion Labels wie Zara und H&M bis zum fertigen Teil ca. 5 Wochen, ist es bei Ultra Fast Fashion Unternehmen in rund 1-2 Wochen fertig. Zum Vergleich: Traditionelle Retailer brauchen 6-9 Monate.

Doch wie kommen die Unternehmen zu so vielen Designs? Nachdem ein Trend via Social Media erkannt wurde, geht das Unternehmen mit einer kleineren Auflage oder sogar verschiedenen Varianten in eine Testphase (Design-Diebstahl von unbekannteren Designern und Künstlern soll gelegentlich ebenfalls vorkommen). Auf Grundlage weiterer Zahlen werden dann größere Mengen produziert. Es handelt sich bei Ultra Fast Fashion Unternehmen also eher um On-Demand-Produktionen, was eine hohe Überproduktion ausschließt und wohl den einzigen Vorteil von Ultra Fast Fashion Brands darstellt. Doch selbst dieser wird durch die enorme Masse an Wegwerfkleidung wieder aufgehoben.

Mittels digitaler Lieferketten kann außerdem noch schneller geordert und geliefert werden. Für den europäischen Markt produzieren Asos und Boohoo vor allem in Großbritannien, was die Transportkosten reduziert und die Ware schneller zum Fashion-Fan liefert. Shein wiederum scheint ein regelrechtes Fließband an Frachtflugzeugen einzusetzen, um die Ware schnellstmöglich an den Zielort zu bringen.

Ultra Fast Fashion Unternehmen fokussieren sich auf den reinen Onlinehandel.

 

Manipulierbare Zielgruppe

Der Erfolg von Ultra Fast Fashion liegt einerseits an der hohen Nachfrage nach schneller Mode, die laut diverser Studien bis 2030 sogar um weitere 60% ansteigen soll. Andererseits ist ein Großteil der Zielgruppe von Ultra Fast Fashion Brands sehr jung. Teenager im Alter zwischen 14-18 Jahren befinden sich in einer sehr fragilen Findungsphase und möchten vor allem eines: dazugehören. Was machen Ultra Fast Fashion Unternehmen also, um das für sich zu nutzen?

Verhaltensanalyse auf Social Media Kanälen

Über Social Media Kanäle wie YouTube, Instagram und TikTok wird die hauptsächlich weibliche Zielgruppe zwischen 14 bis 30 Jahren gezielt angesprochen, das Nutzerverhalten analysiert und ausgewertet (Reaktionen auf Posts mittels Likes, Views etc.). Das kann von Ultra Fast Fashion Unternehmen mithilfe von Künstlicher Intelligenz sowohl zur Schaffung von Trends genutzt werden, als auch als Entscheidungsgrundlage für die Kreation angesagter Designs dienen. Außerdem werden die Daten herangezogen, um zu entscheiden, welche Designs in welcher Menge in den Verkauf gehen. Weiterhin können Modetrends von Fashion Shows in Rekordzeit in trendige und vor allem super günstige Bekleidungsstücke und Accessoires an die jungen Menschen angepasst und umgesetzt werden.

Kooperation mit Influencerinnen und Influencern

Eine Story im stylischen Mode-Piece oder ein Reel über die neuesten Lieblingsstücke – Der Einfluss von Influencerinnen und Influencern ist vor allem in der jungen Zielgruppe enorm. Kein Wunder, dass Ultra Fast Fashion Brands gerne mit ihnen zusammenarbeiten und das Einkaufsverhalten der Nutzerinnen und Nutzer subtil in die gewünschte Richtung lenken.

Rabattaktionen

Tägliche Pushnachrichten via App, Rabattangebote, Gewinnspiele und Ratenzahlungsoptionen sind unglaublich verlockend, nicht nur für Teenager und junge Erwachsene. Bei SHEIN müssen zunächst drei Werbefelder nacheinander weggeklickt werden, bevor der Shop überhaupt genutzt werden kann. Von diesen Aktionen lässt man sich schnell ködern und kauft am Ende dann doch noch ein paar Teile mehr, schließlich spart man ja Geld – so der Gedanke. Wer sich auf Ratenzahlungsoptionen einlässt, wird nicht mit abschreckenden Ausgaben konfrontiert und landet womöglich bald in der ersten Verschuldung.

 

Auswirkungen auf Mensch und Umwelt

Der derzeit vorherrschende Umgang mit Textilien ist nach Angaben der Deutschen Bundesstiftung Umwelt „eine der größten Belastungen für Umwelt und Klima“. Kein Wunder, werden beispielsweise Partytops im Schnitt nur 1,7 Mal getragen und dann weggeworfen. Weltweit werden pro Jahr 8kg Kleidung gekauft, in Deutschland sind es sogar zwischen 12 bis 15kg. Davon landen allein in Deutschland 4,7kg pro Person pro Jahr im Müll, womit wir auf Platz 7 der 15 größten Textilverschwender in Europa stehen. Kaum etwas wird tatsächlich recycelt, da dies teurer ist, als es zu entsorgen. Ähnliches gilt für die Aufbereitung von Retouren. Und so enden pro Jahr alleine rund 40.000 Tonnen Kleider in der Atacama-Wüste. Aus diesen textilen Müllhalden können sich leicht Brände entwickeln, die unsere Luft zusätzlich stark verschmutzen.

Abgesehen von dem schnellen Ende unserer Kleidung sind gerade der Anbau und die Veredelung von Rohstoffen besonders schlimm für die Umwelt. Beim Anbau von Baumwolle ist es der häufige Einsatz von Pestiziden sowie ein hoher Wasserbedarf, bei der Veredelung ist es die Abwasserbelastung durch Chemikalien, die bei der Faserproduktion und -färbung eingesetzt werden. Wobei natürlich ebenso bei chemischen Fasern wie Polyester und Polyacryl viel Chemie ins Abwasser gelangt. Zudem werden bei der Faserverarbeitung generell hohe Mengen an CO2 ausgestoßen. Allein ökologisch betrachtet ist die Ultra Fast Fashion also verheerend, hinzu kommen dann noch die schlechten Arbeitsbedingungen der Menschen vor Ort und Kinderarbeit. Selbst die Arbeiter und Arbeiterinnen in Großbritannien werden ausgebeutet, viele sind aus Asien immigriert und arbeiten für einen extrem niedrigen Stundensatz (ca. 4Euro/Stunde).

Neben den schlimmen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt im Rahmen der Produktion, konnten in vielen der Kleidungsstücken „giftige Stoffe in besorgniserregender Menge“ nachgewiesen werden (32% der 47 untersuchten Textilien). Da ein Großteil der Materialien aus neuen Kunststoffen hergestellt ist, deren Mikroplastik in Gewässer und die Luft gelangt und bei Verbrennung eine hohe Menge an Kohlenstoffdioxid freisetzt, sind alle auf diesem Planeten davon betroffen. Die Modeindustrie gilt heute als zweitgrößter Verursacher von Umweltverschmutzung (#1 ist die Ölindustrie).

Vorbereitung neuer Stoffe.

 

Notwendige Maßnahmen zur Umkehr des Ultra Fast Fashion Trends

Handlungsbedarf von Seiten der Politik

Das „Deutsches Lieferkettengesetz“ verpflichtet Unternehmen zwar, menschenrechtliche Standards in der globalen Lieferkette einzuhalten. Jedoch gilt das Gesetz nur für Betriebe, die einen festen Sitz in Deutschland haben. Bis 2023 mussten sich auch nur diejenigen Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitenden daran halten, seit 2024 betrifft es ebenfalls Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden und beinhaltet Vertragspartner wie Zulieferer etc. Global entsprechende Gesetze durchzusetzen dürfte kaum möglich sein, aber mehr Information und Aufklärung an den richtigen Stellen, wäre wichtig.

Information der Zielgruppe

Die junge Zielgruppe kann vor allem durch Eltern und entsprechende Veranstaltungen bzw. Lerninhalte in der Schule angesprochen und informiert werden. Erst, wenn den Konsumentinnen und Konsumenten klar ist, welche Auswirkungen die Ultra Fast Fashion und Fast Fashion Mode auf Mensch und Umwelt hat und wer darunter zu leiden hat, wird ein Umdenken und eine Handlungsänderung möglich sein. Die derzeitigen Aktionen rund um „Fridays for Future“ bieten eigentlich die ideale Plattform, darauf aufmerksam zu machen. Jedoch finden sich in den Forderungen auf der Homepage der Aktivisten und Aktivistinnen keine entsprechenden Angaben, das eigene Konsumverhalten hinsichtlich Mode zu verändern. Laut der britischen Zeitung The Guardian haben 60% der Generation Z angegeben, ihr persönliches Konsumverhalten hinsichtlich umweltrelevanter Einflüsse verändert zu haben. Allerdings scheint diese Generation auch das Wachstum von Ultra Fast Fashion noch weiter anzutreiben, was auf eine große Lücke zwischen Haltung und Verhalten schließen lässt. Das scheint in Deutschland nicht anders zu sein. Globale Aktionen wie die „Fashion Revolution Week“ nehmen sich mit unterschiedlichen Events und Info-Veranstaltungen ganz bewusst diesem Thema an.

 

Eigenes Konsumverhalten ändern

Dabei steht angesagten und gleichermaßen nachhaltigeren Outfits nichts im weg, denn Mode-Trends wiederholen sich. Nichts, was wir heute als Trend vorgesetzt bekommen, ist wirklich neu. Daher können selbst die größten Fashion-Liebhaber trendbewusst und dennoch nachhaltiger shoppen, ohne auf Ultra Fast Fashion Mode zurückgreifen zu müssen. Second Hand Shops wie ReSales haben nicht nur klassische Mode im Sortiment, sondern sogar viele ausgefallene Teile, mit denen sich einzigartige Outfits kreieren lassen. Neben dem Drang dazuzugehören, ist doch jeder und jede von uns einzigartig und darf sich zusätzlich zu einem aktuellen Trend genau so ausdrücken. Second Hand Mode ermöglicht zudem den Einkauf preisgünstiger und dennoch hochwertiger Kleidungsstücke, an denen Du lange Freude hast und später vielleicht sogar viele schöne gemeinsame Erlebnisse damit verknüpfst.

Abgesehen von Second Hand Shopping kannst Du Dein Konsumverhalten bewusst nachhaltig gestalten, indem Du auf Mode mit entsprechenden Gütesiegeln achtest (z.b. GOTS-Siegel) und auf Kleidung aus nachhaltig angebauter Bio-Baumwolle oder Fair Trade Mode setzt. Diese ist zwar teurer, aber vor allem bei klassischen Styles wie dem „Kleinen Schwarzen“, Jeans, Strickjacken, unifarbenen Shirts und Blazern ist die Mehrinvestition für alle Beteiligten lohnend. Lieber einige wenige gute Kleidungsstücke, die vielseitig kombiniert werden können (Capsule Wardrobe), als unzählige Klamotten, die nach einem Online-Auftritt schon wieder aussortiert werden. 

Kleidungsstücke, die Du nicht mehr tragen willst, kannst Du zwecks Verlängerung der Lebensdauer im Second Hand Store vor Ort oder im Kleidercontainer abgeben. Genauso eignen sich Tauschbörsen oder Flohmärkte und für besondere Events ist die Anmietung eines entsprechenden Outfits für Dich womöglich die ideale Alternative zum Kauf eines Kleidungsstücks, das im Anschluss nie wieder getragen wird.

 

Fazit

Wir haben es selbst in der Hand. Reduzieren wir durch unser Konsumverhalten die Nachfrage nach neu produzierter Wegwerf-Mode, können wir den Hype von Ultra Fast Fashion bremsen und die verheerenden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt eindämmen. Die Zeit ist reif.

 

Autorin: Patricia Suchan

 

Quellen: 
https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/wie-ultra-fast-fashion-von-shein-jugendliche-anspricht,TlICpIl 
https://fashionunited.de/nachrichten/hintergrund/was-bedeutet-fast-fashion-eine-begriffserklaerung/2023121554410 
https://fridaysforfuture.de/forderungen/ 
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ultrafast-fashion-wenn-zara-und-h-m-zu-langsam-sind-a-1290385.html  
https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/apr/18/ultra-fast-fashion-retail-sites-shein 
https://umweltmission.de/wissen/fast-fashion/ 
https://utopia.de/ratgeber/ultra-fast-fashion-wegwerfkleidung-im-stundentakt_382192/ 
https://www.woman.at/fashion/pret-a-porter 

Bildquellen:

https://www.pexels.com/de-de/foto/beine-berg-zuhause-liegend-4553277/ 

https://unsplash.com/de/fotos/tagsuber-mull-auf-der-strasse-pouTfHUG430

https://unsplash.com/de/fotos/frau-im-blauen-hemd-mit-weissem-papier-sCb7anfzfew 

https://www.pexels.com/de-de/foto/licht-person-kunst-kreativ-6850481/ 

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